Zinssenkung

Stürmische Zeiten

Von Jürgen Ackermann und Katharina Lehmann · 2024

Lange war sie erwartet worden, nun ist sie endlich da: Mitte September senkte die amerikanische Notenbank Fed erstmals nach vier Jahren die Zinsen um 0,5 Prozent. Obwohl die Märkte bereits Wochen zuvor mit der Zinswende in den USA gerechnet hatten, schickte der XL-Zinsschritt die Börsen zunächst auf Rekordhöhen.

Ein Bild von Börsenkursen. In der Mitte entsteht ein Sturm bzw. eine Art Tornado und verwirrt das Ganze. In dem Tornado verschwindet ein goldener Bär und ein Stier.
An der Börse kann die Stimmung angesichts der diversen aktuellen Risiken schnell drehen. Foto: iStock / wildpixel

Direkt nach Bekanntwerden der Leitzinssenkung um 0,5 Prozent übersprang der DAX erstmals die 19.000-Punkte-Marke; der Dow Jones erklomm erstmals die Marke von 42.000 Punkten, und der marktbreite S&P 500 notierte über 5.700 Zählern. Zwar hatte Notenbankchef Jerome Powell im gleichen Atemzug klargestellt, dass dieser „XL-Zinsschritt“ nicht das neue Tempo auf dem Weg nach unten sei, bis Jahresende signalisieren die Währungshüter jedoch weitere Senkungen um insgesamt 0,5 Prozentpunkte. Mit diesen Schritten solle die Wirtschaft wieder angekurbelt werden, nachdem sie bis dato zur Inflationsbekämpfung eher ausgebremst worden war. Niedrigere Zinsen gelten auch für die Aktienmärkte als vorteilhaft, werden doch zum einen Konzerne bei ihren Kreditkosten entlastet und zum anderen zinstragende Alternativen wie Anleihen oder Festgeld unattraktiver. Vor der Fed hatte auch die Europäische Zentralbank EZB bereits zum zweiten Mal gesenkt, um die Wirtschaft im Euroraum wieder anzuschieben. Doch es ist vor allem die Zinswende in den USA, die für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft wie gerufen kommt. „Das ist insgesamt eine gute Nachricht für unsere Wirtschaft“, kommentierte etwa Michael Grömling, Konjunkturchef des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), den Zinsschritt. Besonders die Industrie und hier vor allem die Hersteller von Investitionsgütern wie Maschinen und Fahrzeugen könnten von sinkenden Finanzierungskosten bei ihrem wichtigsten Exportkunden profitieren. Denn knapp zehn Prozent der deutschen Exporte gehen in die USA – niedrigere Zinsen und eine nur leicht abkühlende Konjunktur könnten die Nachfrage nach deutschen Autos und anderen Konsumgütern stärken.

Zinssenkung sorgt für Hochstimmung an den Börsen

Obwohl die US-Zinssenkung die Aktienmärkte rund um den Globus noch einmal auf neue Höhen geschickt hat: Bereits das gesamte Börsenjahr hinweg zeigten sich die Börsen von Tokio und Hongkong über Frankfurt und London bis an die Wall Street überaus wohlgesinnt. Klar, es gab auch Ausrutscher nach unten wie den Mini-Crash der ersten Augusttage – die waren aber schnell wieder ausgebügelt. So ging es zum Beispiel für den MSCI World binnen Jahresfrist um fast 50 Prozent nach oben. An den Aktienmärkten scheint die Stimmung ungetrübt – und das, obwohl Inflationsrisiken, geopolitische Spannungen, vor allem in der Ukraine und in Nahost, und Konjunktursorgen die Welt nach wie vor in Atem halten. Viele Länder, allen voran die USA mit ihrem Inflation Reduction Act, pumpen derzeit ordentlich Geld in die Wirtschaft, um Investitionen anzuregen. So sehen die Prognosen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung für das Wirtschaftswachstum weltweit auch moderate bis ordentliche Zuwachsraten vor. Für die US-Wirtschaft rechnet das IMK für 2024 mit einem Wachstum von 2,4 und 2025 von 1,5 Prozent. Für China prognostiziert das IMK einen BIP-Zuwachs um 4,9 und 4,5 Prozent bei weiterhin schwacher binnenwirtschaftlicher Dynamik. Das Wirtschaftswachstum im Euroraum steige den Vorausberechnungen des IMK zufolge um durchschnittlich 0,7 Prozent im Jahr 2024 und 1,2 Prozent im kommenden Jahr. 

Deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle

Und die deutsche Wirtschaft? Die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) werde 2024 mit 0,0 Prozent Wachstum im Jahresdurchschnitt auf der Stelle treten. Im nächsten Jahr solle sich die Situation etwas aufhellen, vor allem, weil positive Impulse durch weiter steigende Nominallöhne und abnehmende Inflation den privaten Konsum wieder in Schwung bringen. So könnte die Wirtschaftsleistung 2025 um 0,7 Prozent im Jahresmittel zulegen. „In der Vergangenheit hat sich die deutsche Wirtschaft meist über den Export aus der Wirtschaftsflaute gezogen“, schreiben die IMK-Experten. Dafür stünden die Chancen derzeit allerdings schlecht, was nicht nur an einer lediglich moderaten weltwirtschaftlichen Dynamik und nach wie vor relativ hohen Energiepreisen liege, sondern auch an der forcierten Industriepolitik der wichtigen Handelspartner China und USA mit dem Ziel, die Produktion im eigenen Land durch massiven Mitteleinsatz zu stärken und auszubauen sowie Importe aus bestimmten Ländern über Zölle zu verteuern.

Eine Grafik, die das Ranking der verbreitetsten Geldanlagen, Immobilien und Versicherungen im Haushalt in Deutschland, im Jahr 2023, darstellt.

Breit gestreut und gut abgesichert

Für Anlegerinnen und Anleger heißt das also: Wachsam bleiben! Klar, wer dauerhaft ansehnliche Renditen erwirtschaften möchte, kommt am Aktienmarkt nicht wirklich vorbei. Allein auf DAX-Werte sollten deutsche Investoren aber nicht setzen – auch wenn die hiesigen Top-Unternehmen längst global aufgestellt sind. Außerdem gilt: Nur die breite Streuung beschert einen ruhigen Schlaf. Neben Aktien können auch weltweit angelegte Indexfonds ins Portfolio gemischt werden, ebenso wie Edelmetalle, Immobilien oder sogar Kryptoassets oder Hebelprodukte. Wichtig bei allem: die Absicherung. Und zwar nicht nur die des eigenen Portfolios, sondern auch die der eigenen Lebensrisiken. Die Gefahr, im Laufe des eigenen Erwerbslebens berufsunfähig zu werden, unterschätzen viele Deutsche. Dabei ließe sich zumindest die aus einer solchen Berufsunfähigkeit resultierende Einkommensminderung über spezielle Policen abfedern. Zum Vermögensmanagement gehört es deshalb, auch die eigenen Versicherungen regelmäßig zu überprüfen. 

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